netz und politik
Was vom Tage übrig blieb: Tiere, Tiere und Tracing
Cornell Launches Archive of 150,000 Bird Calls and Animal Sounds, with Recordings Going Back to 1929 (Open Culture)
Vogelfreund:innen aufgepasst: Die ornithologische Abteilung der Cornell Universität hat ihren Katalog mit Audio-Aufnahmen von Tiergeräuschen digitalisiert und ins Internet gestellt. Die Macaulay Library enthält fast 150.000 Aufnahmen von mehr als 9.000 Spezies – darunter das Piepen eines Spatzen aus dem Jahr 1929.
Dad Photoshops Kids’ Drawings As If They Were Real, And It’s Terrifyingly Funny (Bored Panda)
Wie würden Tiere aussehen, wenn sie aussähen, wie Kinder sie zeichnen? Ziemlich lustig, zeigt uns Tom Curtis auf seinem Instagram-Kanal „Things I Have Drawn“. Mithilfe von Photoshop überführt er Kinderzeichnungen in fast-realistische Fotos. So lassen wir uns im Sommerloch gerne unterhalten.
Contact Tracing App Privacy: What Data Is SharedBy Europe’s GAEN Contact Tracing Apps (Trinity College Dublin)
Nach so viel Flausch jetzt aber noch eine harte Datenschutzmeldung, wir sind ja nicht zum Spaß hier! (Oder doch?) Forscher:innen des Trinity College in Dublin haben sich die Corona-Warn-Apps diverser Staaten angeschaut. Ihr Fazit: Die Apps selbst halten sich mit der Datensammelei brav zurück, alles andere wäre in den Entwicklungsprozessen wohl auch aufgefallen. Google selbst sammelt allerdings über die Google Play Services auf Android-Telefonen fleißig Daten der Nutzer:innen: Alle 20 Minuten telefoniert das Gerät nach Hause und schiebt die IP-Adresse, die SIM-Seriennummer, die E-Mail-Adresse und noch so einiges auf die Google-Server. Nun kann man sagen: Das ist alles bekannt. Aber die Corona-Warn-App funktioniert eben nur zusammen mit den Google Play Services. Wie es anders gehen könnte, dazu macht das Team am Ende Vorschläge.
Jeden Tag bleiben im Chat der Redaktion zahlreiche Links und Themen liegen. Doch die sind viel zu spannend, um sie nicht zu teilen. Deswegen gibt es jetzt die Rubrik „Was vom Tage übrig blieb“, in der die Redakteurinnen und Redakteure gemeinschaftlich solche Links kuratieren und sie unter der Woche um 18 Uhr samt einem aktuellen Ausblick aus unserem Büro veröffentlichen. Wir freuen uns über weitere spannende Links und kurze Beschreibungen der verlinkten Inhalte, die ihr unter dieser Sammlung ergänzen könnt.
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Klage: Uber-Fahrer wollen Transparenz über Daten und Algorithmen
Erneut ziehen Beschäftigte von Uber gegen das Plattformunternehmen vor Gericht. Mehrere britische Fahrer wollen in einem Verfahren von dem Fahrtenvermittlungsdienst wissen, welche Daten er über sie speichert und wie die algorithmischen Systeme funktionieren, die sie bewerten und ihnen Fahrten zuteilen. Das teilte die Gewerkschaft „App Drivers & Couriers Union“, bei der die Kläger organisiert sind, Anfang der Woche mit.
Über die Apps des US-amerikanischen Konzerns Uber können Menschen Taxis, private Chauffeur:innen und ähnliche Transportdienstleistungen unkompliziert buchen. Die Fahrer:innen sind dabei überwiegend selbstständig und nutzen ihre eigenen Fahrzeuge. Uber stellt dafür die Plattform bereit und teilt ihnen Kund:innen zu. Die Kriterien und Muster, nach denen entschieden wird, wer welche Fahrt bekommt, sind nur grob bekannt.
Das Plattformunternehmen übe durch die Algorithmen und automatisierte Entscheidungsprozesse zur Kund:innen-Vermittlung weitreichende Kontrolle über die Fahrer:innen aus, heißt es in der Klage. Da dies für viele Beschäftigte in der sogenannten Gig Economy gilt, bei der Plattformen zwischen Kund:innen und (pseudo-) selbstständigen Dienstleiter:innen vermitteln, hat der Fall mehr als nur symbolischen Wert.
Geheime Profile und Berichte über Fahrer:innenDie Driver-App verarbeite auf intransparente Weise große Mengen persönlicher Daten der Fahrer:innen, so die Kläger. Dies übermittele dem Unternehmen von ihnen ein „sehr invasives Bild“: Unter anderem würden jede Interaktion mit der Anwendung, die Aufenthaltsorte, das Fahrverhalten sowie die Kommunikation mit Kund:innen und dem Firmen-Support verarbeitet.
Interne Dokumente würden zudem zeigen, dass Uber geheime Profile und Berichte über die Fahrer:innen pflegt und sie in der Verwaltungssoftware mit Schlagworten wie „unangebrachtes Verhalten“ oder „Polizei“ versieht.
All diese Daten haben vermutlich Einfluss darauf, welche Kund:innen und Fahrten die Beschäftigten von Ubers System zugeteilt bekommen. Für die Fahrer:innen hängen davon unter anderem ihre Arbeitsplanung und ihr Einkommen ab.
Die kollektive Verhandlungsposition verbessern„Fahrer:innen müssen volle Transparenz über das algorithmische Management und komplette Zugang zu ihren Daten haben, so dass sie eine starke kollektive Verhandlungsposition erreichen können“, heißt es von Gewerkschaftsvertreter Azeem Hanif zur Klage [eigene Übersetzung].
Die Fahrer argumentierten, dass ihnen der Zugang zu den Daten ermöglichen würde, ihren eigenen Lohn besser einzuschätzen, sich mit anderen Beschäftigen zu vergleichen und gemeinsam Verhandlungsmacht gegenüber dem Plattformunternehmen aufzubauen.
Die Transparenz über Daten und Algorithmen sei zudem auch notwendig, um zu überprüfen, ob die Fahrer:innen Diskriminierung ausgesetzt seien. 94 Prozent der privaten Fahrer:innen in London würden einen Migrationshintergrund haben. Um nachvollziehen zu können, ob sie unfair behandelt oder aufgrund ihres Aussehens schlecht bewertet werden, müssten sie Zugang zur Berechnung ihres Fahrer:innen-Scores bekommen. Sie weisen darauf hin, dass ihre Accounts geschlossen werden, wenn das Feedback der Kund:innen auf einen Wert von unter 4,4 von 5 falle.
Klage auf Basis der DSGVOGrundlage der Klage sind Auskunftsersuchen bei Uber, die die Fahrer aus Basis der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) gestellt haben. Deren Artikel 15 gibt Betroffenen unter anderem das Recht, von Unternehmen und anderen zu erfahren, ob diese Daten über sie verarbeiten, welche Daten dies sind und für welche Zwecke sie genutzt werden.
Uber habe auf diese Anfragen nicht adäquat reagiert und nur einen Teil der notwendigen Informationen herausgegeben, heißt es in der Klage.
Die Fahrer wenden sich mit ihrer Beschwerde an ein Bezirksgericht in Amsterdam. In der niederländischen Hauptstadt hat Uber, das 2018 einen Umsatz von mehr als elf Milliarden Dollar zu verzeichnen hatte, seinen Europa-Sitz.
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Zensur: Türkei will Soziale Medien härter kontrollieren
Die türkische Regierungspartei AKP hat einen Gesetzentwurf zur Regulierung von sozialen Netzwerken vorgelegt. Dieser sieht vor, dass alle sozialen Netzwerke und Nachrichtenportale mit mehr als einer Million täglichen Nutzer:innen eine formale Repräsentanz in der Türkei haben müssen.
Diese Repräsentanz muss innerhalb von 48 Stunden reagieren, wenn Postings gegen Persönlichkeitsrechte oder die Privatsphäre verstoßen, berichtet Al-Jazeera. Bei Nichtreagieren droht den Repräsentant:innen der Unternehmen laut Heise.de eine Strafanzeige. Außerdem sollen die Nutzerdaten in der Türkei gespeichert werden müssen.
Wer nicht kooperiert, wird gedrosseltSollte ein Unternehmen 30 Tage nach Inkrafttreten des Gesetzes keine Repräsentanz vorweisen, dann soll die Bandbreite des jeweiligen Anbieters standardmäßig um 90 Prozent gedrosselt werden. Das dürfte die Dienste, die nicht kooperieren wollen unbenutzbar und damit unattraktiv machen.
„Unser Ziel ist es, Beleidigungen, Beschimpfungen und Belästigungen durch soziale Medien ein Ende zu setzen“, wird die stellvertretende AKP-Fraktionsvorsitzende Özlem Zengin bei Al-Jazeera zitiert. Die Maßnahmen zielten darauf ab, „ein Gleichgewicht zwischen den Freiheiten und den Rechten und Gesetzen herzustellen“, so die Regierungspolitikerin weiter.
Die türkische Nachrichtenseite Bianet berichtet, dass sich die türkische Debatte auch auf das deutsche Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) bezogen habe. Gökhan Ahi von der Bilgi Universität kritisiert gegenüber Bianet das Gesetz als „Gesetz zur Selbstzensur“. Er sagt, dass kleine Anpassungen an bestehende Gesetze ausgereicht hätten, um das vorgegebene Ziel der Bekämpfung von Hassrede zu erreichen. Darum ginge es aber offenbar nicht: „Mit diesem Gesetz will die Regierung Kritik im Internet und in den sozialen Medien reduzieren und bei Nutzern mit einem anonymen Konto schnell auf die Identität zugreifen.“
„Dunkle Zeiten“Der Digital-Bürgerrechtler Yaman Akdeniz weist darauf hin, dass das türkische Gesetz nicht nur soziale Medien beinhalte, sondern auch Nachrichtenportale. Akdeniz geht davon aus, dass die Türkei mit dem Gesetz die Zensur auf das nächste Level hebt. Die Türkei erwarteten dunkle Zeiten mit dem Gesetz: „Wenn der Vorschlag in Kraft tritt, müssen Plattformen eine Nachrichtenmeldung löschen, sobald ein Gerichtsurteil kommt. Dasselbe gilt für Twitter, Facebook und YouTube.“
Schon heute haben eine ganze Reihe von Entitäten das Recht, Webseiten zu sperren, unter ihnen der Verband der Access-Provider, die nationale Lotteriebehörde oder die staatliche Religionsaufsicht, sagt Akdeniz. Problem sei auch, dass die Justiz nicht funktioniere, sie segne politisch motivierte Websperrungen ab, während sie Beschwerden ablehne. Eine Klage vor dem Verfassungsgericht gegen Zensur dauere mindestens zweieinhalb Jahre, so wie im Fall Wikipedia, meistens deutlich länger.
Gegenüber Bianet sagt Akdeniz: „Ich denke, der Gesetzentwurf sollte kategorisch abgelehnt werden. Denn es ist nichts Positives darin. Er sollte von allen Oppositionsparteien, Social-Media-Plattformen und Nutzern abgelehnt werden.“
NetzDG als Vorbild genanntDas Gesetz war Anfang Juli von Präsident Recep Tayyip Erdo?an angekündigt worden. Dessen AKP stellt zusammen mit der ultranationalistischen MHP eine Mehrheit der Abgeordneten im Parlament. Die Türkei hat eine lange Geschichte in Sachen Internetzensur. Erst im Januar war nach zwei Jahren Sperre die Wikpedia wieder zugänglich gemacht worden. In der Vergangenheit wurden große soziale Medien wie Youtube zensiert. Derzeit sind mehrere Hunderttausend Webseiten und URLs gesperrt.
Nach Singapur und Russland ist nun die Türkei ein weiteres Land mit einer autoritären Regierung, das sich bei der Einschränkung der Internetfreiheit auf das deutsche NetzDG beruft. Dies war ein Punkt gewesen, vor dem Kritiker:innen bei der Einführung des Gesetzes in Deutschland gewarnt hatten.
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Was vom Tage übrig blieb: Rechtsextreme, Recycling, Ruhe
Unkontrollierte Polizisten und rechtsextreme Netzwerke (Golem)
Moritz Tremmel arbeitet beim golem.de die jüngsten Fälle des Datenmissbrauchs durch vermutlich rechtsextreme Polizist:innen auf: Die Daten mehrerer Menschen, die mit „NSU 2.0“ unterschriebene Drohschreiben erhielten, waren kurz zuvor von Polizeicomputern abgerufen worden. Der Artikel zeigt: Bis heute sind die Datenabrufe bei der Polizei nicht ausreichend kontrolliert.
Are we ready to recycle the “rare earths” behind an energy revolution? (Ars Technica)
Sogenannte „Seltene Erden“ sind aus der Produktion vieler moderner Geräte, Smartphones etwa, nicht wegzudenken. Bislang werden diese Materialien jedoch nur in einem verschwindend geringen Ausmaß wiederverwertet. Neue technische Ansätze machen nun Hoffnung, dass sich an der bisherigen Verschwendung etwas ändert.
What Ever Happened to Digital Contact Tracing? (Lawfare Blog)
Corona-Tracing-Apps waren eine Zeit lang eines der Top-Themen. Inzwischen ist es ein wenig ruhiger um den Technikansatz geworden, in einigen Ländern sogar mucksmäuschenstill. Das Lawfare Blog hat sich die weltweite Entwicklung ausführlich angesehen.
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Immunitätsausweis: Menschenrechtsorganisation warnt vor digitaler Identität
Ein gutes halbes Jahr nach dem Beginn der Corona-Krise bleibt weiterhin vieles unbekannt – etwa die Antwort auf die Frage, ob eine überstandene Infektion mit dem neuartigen Virus automatisch zu einer Immunität führt. Dennoch will die Debatte rund um einen möglichen Immunitätsausweis nicht abreißen, weder hierzulande noch international.
Ein Immunitätsausweis soll bestätigen, dass eine Person bereits an Covid-19 erkrankt war und daher nicht mehr ansteckend ist. Grundsätzlich könnte auch eine künftige Impfung berechtigen, einen solchen Ausweis zu bekommen. Er würde den Träger:innen Rechte und Privilegien verleihen, die andere Menschen nicht hätten. Maßnahmen wie Kontaktbeschränkungen oder die Maskenpflicht könnten für sie womöglich nicht mehr gelten.
Die Menschenrechtsorganisation Privacy International hält dieses Szenario nicht für wünschenswert. In einem aktuellen Bericht befürchtet die Organisation vor allem eine Ausweitung der „digitalen Identität“. Wenn Unternehmen ihr Geschäftsmodell darauf aufbauen, Daten über eine Person zu sammeln und diese Daten miteinander zu verknüpfen, sei ihnen nicht nur daran gelegen, die Ausbreitung des Virus einzugrenzen.
Die Industrie rund um die digitale Identität wird uns nicht vor den Risiken der Technologie beschützen. Die Unternehmen bewerben ihre eigenen Produkte und sind daran interessiert, ein weitergehendes System der digitalen Identität aufzubauen, das auf ihren bereits existierenden Modellen basiert, anstatt eine echte Lösung für die Risiken derartiger Ausweise zu entwickeln. (Unsere Übersetzung)
Sie hätten auch ein Interesse, für die Zeit nach der Pandemie personenbezogene Gesundheitsdaten zu sammeln und zu verwerten. Diese Versuche habe man in der Vergangenheit auch bei Impfprogrammen beobachten können.
Zu viele Fragen offenDie Aktivist:innen befürchten, dass zunehmende Identifizierungen zwangsläufig Menschen ausschließen. Viele der angedachten Lösungen erfordern beispielsweise irgendein anderes Ausweispapier, das die Identität bestätigt, um den Immunstatus auch sicher einer Person zuordnen zu können. Personen, die undokumentiert in einem Staat leben oder aus anderen Gründen nicht identifiziert werden wollen, müssten aber im Sinne der Infektionsvermeidung auch in das System mit eingeschlossen werden.
Sollte der Ausweis in Form einer App entstehen, sei außerdem ein Smartphone eine Voraussetzung, den Ausweis zu bekommen. Solche Geräte können sich aber nicht alle leisten. Selbst eine analoge Ersatzlösung könnten viele meiden, da man sich dem Stigma aussetzen würde, zu arm für ein Smartphone zu sein.
Zudem sei noch völlig unklar, wie ein Ausweis eingesetzt werden sollte. Geht es nur um derzeit eingeschränkte Aktivitäten, also etwa ein Supermarktbesuch ohne Gesichtsmaske oder ein Treffen mit größeren Gruppen, in denen alle einen Immunitätsausweis haben? Oder fangen Arbeitgeber an, die Immunität zur Voraussetzung für eine Einstellung zu machen? Darf jemand mit Ausweis in den vollen Zug noch einsteigen, jemand ohne Ausweis aber nicht? Und in welchen Fällen dürften die Sicherheitsbehörden den Immunstatus kontrollieren? Solche Fragen müssten dem Bericht zufolge geklärt werden, bevor an eine technische Umsetzung auch nur gedacht wird. Sonst könnte die Teilnahme am öffentlichen Leben für Menschen ohne Immunitätsausweis nach und nach eingeschränkt werden.
Ethikrat berät über Spahns GesetzentwurfDer Bericht ist nicht auf Deutschland bezogen, passt aber in die hiesige Debatte. Bereits im Mai hatte das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf beschlossen, in dem die Einführung eines Ausweises vermerkt war:
Eine Immunitätsdokumentation soll künftig analog der Impfdokumentation (auch zusammen
in einem Dokument) die mögliche Grundlage dafür sein, eine entsprechende Immunität
nachzuweisen.
Diese Formulierung spricht für eine Lösung auf Papier, ähnlich dem Impfpass. Gleichzeitig gibt es aber schon Bestrebungen der Wirtschaft, den Nachweis mithilfe einer App und Blockchain-Technologie zu realisieren. Blockchain hält der Bericht von Privacy International nicht für eine geeignete Technologie, da nicht geklärt sei, wie lange eine Person nach einer Infektion oder künftig einer Impfung immun bleibt.
CDU-Gesundheitsminister Jens Spahn verzichtete nach öffentlicher Kritik am Gesetzesvorhaben auf die direkte Einführung und bat stattdessen den Deutschen Ethikrat um seine Einschätzung. Ein Ergebnis wird im August erwartet. Bislang ist dem Redaktionsnetzwerk Deutschland zufolge der Rat aber mehrheitlich skeptisch.
Keine wissenschaftliche Evidenz für ImmunitätAuch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) kritisiert Überlegungen zu Immunitätsausweisen. In einer Stellungnahme aus dem April weisen die Expert:innen daraufhin, dass es keinerlei Belege für einen effektiven Infektionsschutz nach einer ausgestandenen Covid-19-Erkrankung gebe.
Die meisten Studien zeigen, dass Menschen, die sich von einer Infektion erholt haben, Antikörper zum Virus im Blut haben. Einige dieser Menschen weisen jedoch eine sehr niedrige Konzentration von Antikörpern auf.
Es gebe noch keine Studie, die nachweisen würde, dass Antikörper im Blut ausreichen, um eine erneute Infektion zu verhindern. Solange das nicht geklärt sei, könnten keine Immunitätszertifikate ausgestellt werden:
Menschen, die annehmen, sie seien immun gegen eine zweite Infektion, weil sie positiv auf Antikörper getestet wurden, würden vielleicht die Anweisung zur öffentlichen Gesundheit missachten. Die Einführung solcher Zertifikate könnte das Risiko einer weiteren Ausbreitung des Virus also erhöhen.
Im Bericht von Privacy International wird außerdem darauf hingewiesen, dass die Testkapazitäten noch deutlich steigen müssten, bevor ein Immunitätsausweis eingeführt werden könnte. Wenn die Grundrechte eines Menschen von seinem Immunstatus abhängen, müsste der Zugang zu einem Corona-Test oder sogar einem Antikörper-Test für alle jederzeit zugänglich sein.
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Hacking Team: Wirecard-Manager ließ sich offenbar Spionagesoftware vorführen
Der flüchtige Wirecard-Manager Jan Marsalek versuchte offenbar, bei der italienischen Überwachungsfirma Hacking Team einen Kauf von Spionagesoftware anzubahnen. Das legen Recherchen von Spiegel und Motherboard nahe.
Die Hinweise auf Marsalek finden sich in Unternehmensdaten von Hacking Team, die 2015 im Netz veröffentlicht wurden. Durch diesen Leak kamen unter anderem Kunden des Unternehmens an die Öffentlichkeit, unter ihnen eine ganze Reihe autoritärer Staaten.
In den Korrespondenzen von Hacking Team findet sich im Jahr 2013 auch der Name Marsalek. Einige Monate vorher wurden auf Marsaleks Namen und mit seiner Adresse und Telefonnummer Websites mit staatlich klingenden Namen wie stateofgrenada.org registriert, deren Server nach Informationen des Spiegels in Deutschland betrieben wurden.
„Brief“ aus Grenada an Hacking Team. Alle Rechte vorbehalten E-Mail AnhangAls Vertreter des Karibikstaates Grenada taucht der Name Marsalek in einer Korrespondenz vom 31. Oktober 2013 auf. Einige Wochen später gibt es eine Produktvorstellung für Marsalek, die Mitarbeiter von Hacking Team in den internen Mails als „fruchtbare Besprechung“ bezeichnen, berichtet Spiegel Online.
In den Unterlagen von Hacking Team findet sich auch ein Schreiben mit Briefkopf des Karibikstaates, in dem der ehemalige Außenminister Nicolas Steele das Interesse von Grenada an der Software bestätigt. Gegenüber Spiegel Online spricht Steele von einer Fälschung, er selbst habe sich aber zuvor mit Marsalek getroffen. Auch das im Schreiben genannte Unternehmen Encryptech bezeichnet das Dokument als gefälscht.
Laut Spiegel könnte es sein, dass Marsalek die Grenada-Geschichte vorgab, weil er so einfacher Zugang zu Hacking Team erlangen konnte. Memento Labs, das Nachfolgegunternehmen von Hacking Team, sagt, dass damals kein Vertrag mit Marsalek oder Grenada zustande kam. Wofür der Wirecard-Manager die Spionagesoftware nutzen wollte, ist unbekannt.
Wirecard ist ein börsennotiertes Unternehmen für Zahlungsdienstleistungen, das in der Startup-Economy 1999 häufig zur Abwicklung von Porno- und Glückspielzahlungen gegründet wurde. Das Unternehmen mit 5.800 Mitarbeitern weltweit wickelt als Bindeglied zwischen Händlern und Kund:innen Zahlungen ab. Dafür werden Gelder auf Treuhandkonten deponiert. Auf diesen Treuhandkonten fehlen derzeit 1,9 Milliarden Euro, es existieren keine oder gefälschte Bescheinigungen, die Rede ist von Betrug. Mittlerweile hat das Unternehmen Insolvenz angemeldet.
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QAnon: Twitter dreht Pro-Trump-Verschwörungskult den Saft ab
Twitter hat angekündigt, gegen Vertreter:innen der QAnon-Verschwörungserzählung auf seiner Plattform vorzugehen. Hintergrund sind zahlreiche Vorfälle in Form von Belästigungen, Hassrede und Desinformation.
Das Unternehmen begründet den Schritt damit, dass die Aktivitäten aus der QAnon-Szene auch offline für Schäden sorgen würden. Laut einer Sprecherin hat Twitter in den letzten Wochen etwa 7.000 Accounts gesperrt, weitere 150.000 sind von einer Art Reichweitenbegrenzung betroffen.
Reichweite drosselnTwitter will nicht nur Accounts permanent sperren, die gegen die Multi-Account-Regelung verstoßen, sondern auch solche, die koordiniert gegen Personen vorgehen und sich an sogenanntem Swarming beteiligen, bei dem Menschen belästigt und eingeschüchtert werden. Gegenüber CNBC sagte eine Sprecherin, dass hier eine Neubewertung von QAnon vorgenommen worden sei, sich diese Policy aber auch gegen andere Gruppen richten könnte, die vor allem durch gezielte Belästigung motiviert seien.
Weitere Maßnahmen gegen die Verschwörungsanhänger richten sich vor allem gegen deren Sichtbarkeit: So sollen QAnon-Theorien weder in Trends noch Empfehlungen vorkommen und bei der Suche und Konversationen „nicht hervorgehoben“ werden. Links zu QAnon-Inhalten sollen auf der Plattform nicht mehr geteilt werden können.
Dem US-Präsidenten Trump könnte durch die Maßnahmen auf Twitter eine äußerst aktive User-Basis im Wahlkampf wegbrechen, da es Überschneidungen zwischen seiner Kern- und der Verschwörungsanhängerschaft gibt.
Bis in den Mainstream hineinDie rechtsradikale Verschwörungsideologie rund um QAnon, die religiöse Züge hat, wird in einem Artikel in The Atlantic umfassend beschrieben. Eine Kernthese der Ideologie ist, dass US-Präsident Trump auserwählt sei, einem von Demokraten dominierten tiefen Staat in einem Kampf zwischen Gut und Böse die Stirn zu bieten. Die Verschwörungsideologie trägt wie so viele Verschwörungserzählungen antisemitische Züge. Sie hat ihre Wurzeln unter anderem in Pizzagate.
Die krude Verschwörungserzählung ist mittlerweile in den rechten Mainstream geschwappt. Trump retweetete mehrfach QAnon-Accounts, mehrere Kandidat:innen der republikanischen Partei haben sich als Anhänger der Verschwörung zu erkennen gegeben. Bei Wahlveranstaltungen der Republikaner ist QAnon sichtbar in Form von Q-T-Shirts und anderen Devotionalien präsent. Trumps ehemaliger Sicherheitsberater Michael Flynn nahm jüngst in einem Video eindeutig Bezug zu QAnon. Durch die Corona-Krise hat QAnon wie andere Verschwörungserzählungen Aufwind bekommen.
Aus dem Umfeld von Anhänger:innen des Kultes gab es schon mehrere bewaffnete Zwischenfälle. Das FBI warnte im Jahr 2019, dass Verschwörungstheorien wie QAnon zu inländischem Terrorismus führen könnten.
Die Macht der PlattformenTwitters Aktion gegen QAnon reiht sich ein in Maßnahmen, die unterschiedliche Plattformen in den letzten Wochen im Hinblick auf Rassismus, Belästigung und Hassrede ergriffen haben.
Diese Maßnahmen zeigen deutlich, welche Macht heute private Plattformen für die Sichtbarkeit bestimmter Inhalte haben. Instrumente wie der Ausschluss aus Trends und Empfehlungen oder eine Benachteiligung bei der Suche sind dabei meist nicht transparent und unterliegen der Auslegung von privaten Unternehmen wie Twitter, die für die öffentliche Meinungsbildung und die globale Informationsverbreitung allerdings elementare Plattformen zur Verfügung stellen.
Bei Sperrungen von Accounts können sich Betroffene nur sehr schwer (juristisch) wehren und es gibt keine vernünftigen Widerspruchs- und Einspruchsmechanismen auf den Plattformen selbst. Wer fälschlicherweise von einem der Netzwerke ausgeschlossen wird, hat nur wenig Chancen, seinen Account wieder zu bekommen. Dabei sind falsche, kontextlose und unbegründete Sperrungen bei den Plattformen an der Tagesordnung, auch bei Twitter.
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Was vom Tage übrig blieb: Oberrheingraben, Oversight Board und offizieller Corona-Befund
Lithium aus Deutschland – Der verborgene Schatz im Oberrheingraben (Deutsche Welle)
Wir brauchen es täglich, etwa für unsere Handyakkus. Das Lithiumsalz in unseren Geräten kommt meist von ziemlich weit her, oft aus Australien oder Argentinien. Forschende arbeiten an einer Technologie, um auch in Deutschland vorkommendes Lithium zu erschließen, mit bestehender Infrastruktur für Geothermie-Anlagen und so wenig invasiv wie möglich. Im Oberrheingraben gibt es ein geschätztes Potential von jährlich mehreren tausend Tonnen an förderbarem Lithium.
Tech watchdog calls on Facebook Oversight Board members to demand real power or resign (TechCrunch)
Als Schönfärberei kritisieren mehrere US-amerikanische Bürgerrechtsorganisationen Facebooks (gar nicht mehr so neues) Oversight Board. Das mit hochkarätigen externen Vertreter:innen besetzte Gremium soll über strittige Fälle der Content Moderation entscheiden und damit die großen Linien der Meinungsfreiheitspolitik des Plattformgiganten legitimieren. Das von uns als „Facebooks Verfassungsgericht“ beschriebene Oversight Board steht jedoch aus unterschiedlichen Gründen in der Kritik, unter anderem, weil der Konzern unliebsame Entscheidungen umgehen kann. Eine Kampagne fordert nun die Mitglieder des Gremiums in einem offenen Brief auf, echte Befugnisse einzufordern oder ihre Ämter niederzulegen.
Whistleblower Reality Winner has tested positive for COVID-19 in prison (The Verge)
Gefängnisse sind Hot Spots für die Verbreitung des Corona-Virus. Nun hat es eine prominente US-Gefangene erwischt: Whistleblowerin Reality Winner. Die ehemalige Geheimdienstmitarbeiterin sitzt bis mindestens 2021 im Knast, weil sie einen NSA-Bericht über russische Wahleinmischungen an das Investigativportal The Intercept geleakt hatte. Winners Familie und Anwälte hoffen aus Sorge um ihren Gesundheitszustand auf eine temporäre Freilassung. Eine Mitgefangene der Whistleblowerin ist The Verge zufolge bereits an den Folgen einer Covid-19-Erkrankung gestorben.
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Transparenzbericht: Unsere Einnahmen und Ausgaben im Mai und ein veränderter Beziehungsstatus
Erst im Juli über die Zahlen aus dem Mai zu schreiben, ist ein bisschen so, als würde man sich selbst spoilern: Wenn der weitere Verlauf schon bekannt ist, erscheinen die Zahlen in einem anderen Licht. So haben wir im Mai mit Ausgaben in Höhe von 61.000 Euro zwar 15.000 Euro mehr ausgegeben als eingenommen, wurden aber im Juni und Juli von zwei sehr großzügigen Spenden überrascht.
Warum auch eine Lücke von 15.000 Euro noch planmäßig ist, haben wir im Transparenzbericht für den März kurz ausgeführt. Trotz dieser Lücke ist die Spendensumme von knapp 45.000 Euro deutlich höher als im Vorjahresmonat. Aber bevor wir die Zahlen des Mai 2020 ausführlicher erläutern, möchten wir euch wieder einen Einblick gewähren, was uns im dritten Monat der Pandemie umtrieb.
Ist da wer?Als im Büro noch richtig Gewusel war, kam ständig irgendwer vorbei, hatte eine Idee, die geteilt werden wollte, einen Gedanken, der das Licht der Welt erblicken sollte, eine humorige Anmerkung, die zur allgemeinen Erheiterung beitrug. Und ja: Vielleicht auch mehr Möglichkeiten zu prokrastinieren. Die Schwelle, sich den Kolleg:innen mitzuteilen, scheint im Büro viel niedriger. Auch fällt es leichter, ohne konkreten Anlass zu reden – der Anlass ist die Anwesenheit der anderen Person. Ist jedoch nur das Chatprogramm dazwischen, kann ein ganzer Tag vergehen, ohne ein Wort auszutauschen. Für einige mag das wie die Optimalvorstellung eines Arbeitsverhältnisses klingen. Auch an einigen Tagen für mich. Sei es, weil man dieser Menge menschlicher Interaktion nichts abgewinnen kann, weil man Small Talk hasst oder einfach, weil Alleinsein bedeutet, dass nur die eigenen Emotionen und Gedanken präsent sind und weniger Energie für die Absorption aller anderen Gefühle, Stimmungen, Befindlichkeiten, Enttäuschungen und Technomusik aus dem Nachbarbüro aufgebracht werden muss.
Es ist teilweise noch ärger: Sind die Leute im virtuellen Büro sogar netter zueinander, wenn keine niedrigschwellige Möglichkeit zur Korrektur des hinterlassenen Eindrucks besteht? Der geschriebene Satz im Chat lieber unmissverständlich ist, als aus der Ferne in Unkenntnis der mimischen Reaktion des Gegenübers ungeahnt Verstimmungen auszulösen.
Für andere mag genau dieses Maß an Interaktion besonders fehlen. So war das Büro doch ein Ort, an dem insbesondere oberflächlicher Small Talk und der Austausch netzpolitischer Anekdoten das notwendige Minimum an Gesellschaft gut erfüllte. Und wenn es reichte, waren Kopfhörer eine gute Möglichkeit, den nächsten Plauschangriff abzuwehren.
Was macht aus fünfzehn Menschen ein Team?Home Office ändert viel von dem, was wir uns im Team mitteilen. Auf einmal wird die Beziehung zueinander auf ein pixeliges Bild in der Videokonferenz runtergefahren. Schon im April versuchten wir es also mit digitalen Stammtischen. Es kamen nicht so viele, viel weniger als bei unseren Stammtischen in Parks oder Kneipen. Sie endeten auch viel früher, weil der Schauplatz eben doch eine Rolle spielt. Aber womöglich fehlt auch nur etwas Zeit, sich daran zu gewöhnen. So oder so ist es ein großer Luxus, sich den Arbeitsort aussuchen zu können. Und mit Menschen zu arbeiten, die man vermissen kann.
Screenshot unseres gestrigen Chats CC-BY-NC-SA 4.0Die Frage bleibt dennoch: Was macht ein Team aus? Und am Ende der Überlegung steht auf einmal die gruselige Frage: Ist dieser Teamgedanke nur notwendig, wenn man sich fünf Tage die Woche acht Stunden am Tag aushalten muss? Ist das Verweisen auf einen Teamgedanken vor allem Methode, um die ganzen unterschiedlichen Charaktere, Perspektiven, Interaktionsverhalten miteinander zu versöhnen? So viel Zeit mit Menschen zu verbringen, die man sich nicht aussucht, bedeutet enorme Beziehungsarbeit. Ist der Wille zum Team Bullshit? Nur ein organisationssoziologischer Euphemismus, der vortäuscht, dass das tagtägliche, stundenlange Zusammensein mit anderen Menschen normal sein soll? Vielleicht ist am Ende nur das Commitment zum gemeinsamen Ziel einer Unternehmung wichtig: netzpolitische Debatten auszulösen, zu begleiten, zu kommentieren und zu prägen. Wir werden sehen.
Zu den Zahlen
Die Einnahmen und Ausgaben im Mai waren ohne größere Überraschungen, was in diesen aufregenden Zeiten wohl eine Seltenheit ist. Dass wir nach wie vor recht stabil dastehen, freut uns ungemein und ist so viel mehr, als wir erwartet haben. Vielen Dank dafür!
Wir haben mittlerweile Verantwortung für 15 Menschen – da ist der tägliche Blick auf die Spendenentwicklung immer mit Aufregung verbunden und glücklicherweise momentan mit einem erleichterten Aufatmen.
Einnahmen und Ausgaben im Mai 2020 CC-BY-SA 4.0
Die Ausgaben beliefen sich im Mai auf knapp 61.000 Euro. Der größte und wichtigste Posten sind dabei wie immer die Personalkosten mit etwas über 51.000 Euro. Die beiden Büros in Berlin und Brüssel schlugen mit knapp 4.000 Euro zu Buche. Über Spenden durften wir uns in Höhe von knapp 45.000 Euro freuen. Die Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben von ca. 15.000 Euro sind planmäßig, auch wenn die Differenz mittelfristig nicht mehr ganz so hoch sein soll.
Nichtsdestotrotz kamen in diesem Monat 32 Prozent mehr Spenden zusammen als im Vorjahresmai. Damit wurde im Mai ein Spendenstand für von circa 254.000 Euro für das laufende Jahr erreicht. Das entspricht knapp 34 Prozent des Spendenziels für 2020. Im Mai des Vorjahres wurden bereits 41 Prozent des Jahresspendenziels erreicht, das damals schließlich niedriger lag. Doch egal, wie man es dreht und wendet – der Mai 2020 war der spendenreichste Mai in der Geschichte von netzpolitik.org und zeigt einen Trend, der sich hoffentlich fortsetzt.
Wie schon anfangs gespoilert: Im Juni erhielten wir unsere größte Spende von einer Einzelperson in der Geschichte von netzpolitik.org – ausgenommen davon ist eine versehentliche Spende über 25.000 Euro aus dem vorletzten Jahr, die wir natürlich zurückbuchten, da die Person eigentlich 250 Euro spenden wollte. Es wurden am Ende 400 Euro – vermutlich war die Freude über die schnelle Rücküberweisung sehr groß.
Damit wir auch in Zukunft gern gelesen werden, schreibt uns doch in die Ergänzungen, welche Themen ihr mögt, wovon ihr mehr lesen wollt oder was ihr vermisst.
Spendenentwicklung bis Mai 2020 Danke für Eure Unterstützung!Wenn ihr uns unterstützen wollt, findet ihr hier alle Möglichkeiten. Am besten ist ein Dauerauftrag. Er ermöglicht uns, langfristig zu planen:
Inhaber: netzpolitik.org e. V.
IBAN: DE62430609671149278400
BIC: GENODEM1GLS
Zweck: Spende netzpolitik.org
Wir freuen uns auch über Spenden via Bitcoin oder Paypal.
Wir sind glücklich, die besten Unterstützerinnen und Unterstützer zu haben. Das motiviert ungemein.
Unser Transparenzbericht aus dem April findet sich hier.
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Plattformregulierung: Österreich kündigt eigenes Gesetz gegen Hass im Netz an
Noch im Juli will die österreichische Bundesregierung ein Gesetzespaket gegen Hass im Netz vorstellen. Als Blaupause soll das deutsche Netzwerkdurchsetzungsgesetz herhalten: Ab einer bestimmten Größe müssten Plattformen ihnen gemeldete Inhalte rasch überprüfen und gegebenenfalls löschen. Sonst drohen ihnen Geldstrafen.
Um Details feilscht die türkis-grüne Koalition noch, eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe stellte gestern jedoch den Rahmen des Vorschlags vor. Demnach sollen die Löschfristen bei 24 Stunden beziehungsweise sieben Tagen in unklaren Fällen liegen, berichtet Der Standard. Nicht abschließend geklärt ist, ob lediglich große soziale Netzwerke unter das Gesetz fallen sollen oder auch Foren respektive Kommentarspalten beliebiger Online-Angebote ab einer gewissen Größe.
Betroffene Unternehmen müssten, ähnlich dem NetzDG, einen Zustellbevollmächtigten in Österreich bestellen. Einfache Meldeverfahren sollen für Nutzer:innen die Schwelle für eine Meldung absenken. Die Aufsicht soll bei der Regulierungsbehörde KommAustria liegen.
Anlauf der Vorgängerregierung gescheitertÜber ein solches Gesetz wird in Österreich schon seit geraumer Zeit debattiert. Die türkis-blaue Vorgängerregierung setzte im Vorjahr zu einem ersten Anlauf an, der unter anderem die Anonymität im Internet eingeschränkt hätte, stolperte vor der Verabschiedung allerdings über die Ibiza-Affäre.
Mit dem aktuellen Koalitionspartner unternimmt die ÖVP nun einen erneuten Versuch, der im Koalitionsvertrag bereits grob umrissen wurde. So traf sich im Februar Gerald Fleischmann, Medienbeauftragter von Kanzler Sebastian Kurz, mit dem damaligen deutschen Justizstaatssekretär Gerd Billen.
Damals verlautbarte Fleischmann noch ausdrücklich, das NetzDG werde als Vorbild dienen, was von den Grünen jedoch bestritten wurde. Für den Juniorpartner sitzt die Justizministerin Alma Zadi? in der für den Entwurf zuständigen Arbeitsgruppe, neben der ÖVP-Verfassungsministerin Karoline Edtstadler. Wie sehr sich die beiden Gesetze letztlich ähneln werden, bleibt abzuwarten.
Deutschland bessert und verschlimmbessert nachInzwischen hat Deutschland zwei NetzDG-Novellen auf den Weg gebracht. Eine davon hat der Bundestag erst im Juni beschlossen. Sie beinhaltet eine umstrittene Meldepflicht für soziale Netzwerke, die künftig bestimmte potenziell strafbare Inhalte direkt an das Bundeskriminalamt melden müssen. Die andere geplante Überarbeitung, mit der die Gefahr des „Overblockings“ eingedämmt werden soll, liegt derweil noch im Bundestag.
Das NetzDG diente nicht nur der österreichischen Initiative als Vorbild, Frankreich führte ebenfalls ein ähnlich gelagertes Gesetz gegen Hass im Netz ein. Allerdings wurde das „Avia“-Gesetz jüngst vom französischen Verfassungsgericht kassiert.
Um einen europäischen Wildwuchs bei der Plattformregulierung zu verhindern, arbeitet die EU-Kommission derzeit an einem umfassenden Gesetzesvorschlag, dem „Gesetz für digitale Dienste“. Dieses soll unter anderem EU-weit geltende Regeln schaffen, die den Umgang mit potenziell illegalen oder unerwünschten Inhalten vereinheitlichen. Mit einem ersten Entwurf wird bis Ende des Jahres gerechnet.
Bis dahin könnte der österreichische Aufschlag schon beschlossen sein. „Da europäische Prozesse aber lange dauern, ist es per se nicht schlecht, dass Österreich hier vorgreift“, schreibt Iwona Laub von der Digital-NGO epicenter.works in einer ersten Einschätzung von Anfang des Monats. Zwar hätten die ins Spiel gebrachten Maßnahmen alle „viel positives Potential“, schreibt Laub, könnten jedoch auch gefährlich für die Meinungsfreiheit werden. Nun müsse man die Details abwarten, denn „wie immer wird der Teufel genau dort stecken“.
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Was vom Tage übrig blieb: Aufstand, Angst und Apps
Edit Policy: PimEyes & Gesichtserkennung in Europa – wo bleibt der Aufschrei? (heise.de)
Julia Reda hat in ihrer Kolumne unsere Recherchen zur Gesichtersuchmaschine PimEyes aufgeschrieben und reflektiert die Gefahr, die von Gesichtserkennungstechnologie ausgeht. Sie ruft dabei in Erinnerung, dass in den USA Kampagnen gegen Gesichtserkennung im öffentlichen Raum schon recht erfolgreich waren und dass es auch in Deutschland engagierte Gruppen gibt: „Der Aufstand lohnt sich“.
Inside Citizen, the App That Asks You to Report on the Crime Next Door (Wired)
„Citizen“ ist eine der vielen Apps, mit denen selbsternannte Hüter von Recht und Ordnung in den USA „Zwischenfälle“ melden können. Oder sich umgekehrt Push-Nachrichten aufs Handy schicken lassen, wenn sich in der Nachbarschaft etwas Schummriges ereignet. Verknüpft mit einer Art „Bürgerjournalismus“-Funktion, erzählt am Beispiel des zwölfjährigen Anthony G., soll die App wohl Polizei, Lokalmedien und Konkurrenzdienste wie Nextdoor ersetzen. Was noch fehlt, ist ein Geschäftsmodell, aber an dem arbeitet das Start-up bereits. Wired geht in einem Longread auf die erwartbaren Dynamiken solcher Dienste ein, von Selbstjustiz über ein gesteigertes Angstgefühl bis hin zu Rassisten, die sich in den Kommentaren austoben.
Corona-App: Ohne Risiken und Nebenwirkungen (sueddeutsche.de)
Die deutsche Corona-Warn-App hat zwar 16 Millionen Downloads, die stagnieren aber. 500 Mal wurden TANs herausgegeben, mit denen Infizierte ihre Kontaktpersonen warnen konnten – wie viele das getan haben, ist wegen der Datenschutzvorkehrungen aber nicht ermittelbar. Trotz einiger bestehender Probleme wird die deutsche Warn-App überwiegend gelobt. Ein Zwischenfazit.
Jeden Tag bleiben im Chat der Redaktion zahlreiche Links und Themen liegen. Doch die sind viel zu spannend, um sie nicht zu teilen. Deswegen gibt es jetzt die Rubrik „Was vom Tage übrig blieb“, in der die Redakteurinnen und Redakteure gemeinschaftlich solche Links kuratieren und sie unter der Woche um 18 Uhr samt einem aktuellen Ausblick aus unserem Büro veröffentlichen. Wir freuen uns über weitere spannende Links und kurze Beschreibungen der verlinkten Inhalte, die ihr unter dieser Sammlung ergänzen könnt.
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